Stellungnahme zu den Eckpunkten für eine Nationale Biomassestrategie (NABIS

Biofuelwatch Stellungnahme zu den Eckpunkten für eine Nationale Biomassestrategie (NABIS)

PDF der Kommentare mit Literaturangaben

Vorbemerkung:

Biofuelwatch arbeitet seit zwei Jahren gemeinsam mit deutschen Umweltorganisationen zum Thema Holzbiomasse in Deutschland. Wir beobachten die Auswirkungen der derzeitigen energetischen Nutzung vonHolz mit großer Sorge, sowie auch die Pläne und Überlegungen von Wärme-und Stromproduzenten, in Zukunft noch mehr Holzenergie zu gewinnen. Bei unseren Kommentaren begrenzen wir uns deshalb weitgehend auf die energetische Nutzung von Holz.

Grundsätzliche Bemerkungen:

Aus Eurostat-Daten geht hervor, dass Deutschland sowohl für Wärme als auch für Strom mehr Holz als irgendein anderes Land in der EU verbrennt.Zudem zeigt eine Studie, dass Deutschland sowohl 2019 als auch 2020 diehöchsten Subventionen für Energie aus fester Biomasse (in erster Linie Holz) innerhalb der EU-27 vergab.Wir gehen davon aus, dass dies noch immerder Fall ist.

Wie der neueste deutsche THG-Inventarbericht zeigt, ist die Menge an CO2, die jährlich in Wäldern gebunden wird, seit 2010 stark gesunken. Laut eines Projektionsberichtes geht das Umweltbundesamt davon aus, dass die CO2 Senke im Wald bis 2030 noch wesentlich stärker zurückgehen wird. Die überaus intensive Nutzung des Waldes ist einer der wichtigsten Gründe fürdiese Entwicklung.

Etwa die Hälfte des Primär- und Sekundärholzes wird energetisch genutzt. Auch wenn laut des UBA nur 27% des Holzes, das verbrannt wird Rundholz von ausgewachsenen Bäumen ist, so schadet das Abholzen junger Bäumeund die Nutzung von sogenanntem Waldrestholz dem Wald dennoch.

Zudem wird in Deutschland mindestens 83% des Altholzes energetisch genutzt, anstatt es stofflich zu verwerten. Im Vergleich dazu nutzt etwa Italien 81% des Altholzes stofflich, vor allem zur Produktion von Spanplatten. Infolgedessen steht hierzulande nur wenig Altholz für die Spanplattenproduktion bereit, die deshalb vor allem Waldholz verarbeiten muss. Zudem hatte Deutschland 2021 laut Eurostat-Daten mehr als eine Millionen Tonnen Nettoimporte von Spanplatten zu verzeichnen.

Prinzipien zur Nutzung von Bioenergie:

Wir begrüßen das Vorhaben, dass Bioenergie in Zukunft sowohl zum Klima- als auch zum Biodiversitätsschutz beitragen soll, und dass die Bundesregierung anerkennt, dass das Nutzen von Bioenergie nicht über ökologische Grenzen hinausgehen darf. Wir begrüßen zudem, dass das Prinzip der Kaskaden- und Mehrfachnutzung betont wird.

Diese Prinzipien müssen gesetzlich verankert werden, um weiter direkte und indirekte Subventionen für Bioenergie, die dem Klima und der Natur schadet, zu verhindern. Bei indirekten Subventionen geht es vor allem darum, dass ein CO2-Preis bislang nur auf fossile Brennstoffe erhoben wird. Zudem muss eine nachhaltige Biomassestrategie zu einem schnelleren Ausbau von wirklich klima- und umweltfreundlichen Alternativen führen (unter anderem Energiesparmaßnahmen, Gebäudesanierung, Wärmepumpen, Wind- und Solarenergie).

Um den Prinzipien gerecht zu werden, muss die gegenwärtige Nutzung der Bioenergie erheblich reduziert werden. Das derzeitige Ausmaß – in dem nicht nur Holzbiomasse, sondern auch Biokraftstoffe, Biogas und Biomethan aus Mais und anderen Energiepflanzen genutzt werden – trägt zu erheblichen Schäden an der Natur, dem Boden und (im Fall von Energiepflanzen) der Gewässerqualität bei.

Das Grundproblem bei der Bioenergie ist, dass die Umwandlung von Sonnenstrahlung in nutzbare Energie durch Photosynthese äußerst ineffizient ist. Deshalb müssen große Mengen an Holz oder anderer Biomasse verbrannt werden, um auch nur einen kleinen Prozentsatz von fossilen Brennstoffen zu ersetzen. Das bedeutet, dass der Flächenbedarf extrem hoch ist und deshalb entweder Wald sehr viel intensiver bewirtschaftet werden muss als sonst der Fall wäre, oder große Landflächen für den Anbau von Energiepflanzen genutzt werden müssen. Unseren Berechnungen zufolge liegt der Umwandlungswirkungsgrad von solarer Strahlungsenergie in Strom aus  Biomasse zwischen 0,52 und 0,7 %. Eine durchschnittliche Photovoltaikanlage hingegen wandelt etwa 18,4 % der einfallenden Sonnenstrahlung in Strom um. Standards und Zertifikation sind keine effektiven Instrumente, um die Nachhaltigkeit von Bioenergie zu gewährleisten: Ein gemeinsamer Report von Biofuelwatch und Global Forest Coalition zeigt, dass es Nachhaltigkeitsstandards für Bioenergie sich weltweit nicht als wirksames Instrument erwiesen haben, um die negative Auswirkungen auf das Klima, die Wälder, die biologische Vielfalt und die Gemeinden zu verhindern oder auch nur zu mindern.

Die Gründe davon sind:

1) Nachhaltigkeitsstandards und Zertifizierungssysteme, wie etwa der FSC oder das Sustainable Biomass Program, beschäftigen sich nicht mit den Klimaauswirkungen von Bioenergie. Ob ein Wald nachhaltig bewirtschaftet wird, ändert nichts an der Kohlenstoffschuld, die durch das Abholzen und Verbrennen von Bäumen entsteht Laut eines Briefes, der von 500 Wissenschaftler*innen unterzeichnet wurde: “Durch das Nachwachsen von Bäumen und die Verdrängung fossiler Brennstoffe kann diese Kohlenstoffschuld eines Tages abgebaut werden, aber das Nachwachsen braucht Zeit, die die Welt nicht hat, um das Problem des Klimawandels zu lösen. Wie zahlreiche Studien gezeigt haben, wird die Verbrennung von Holz die Erderwärmung für Jahrzehnte bis Jahrhunderte verstärken. Das gilt selbst dann, wenn das Holz Kohle, Öl oder Erdgas ersetzt. “

2) Es gibt keine glaubwürdige Methode, die genaue Herkunft von Holz Biomasse zuverlässig zu überprüfen. Im August 2022 veröffentlichte Greenpeace Beweise dafür, dass Holz, welches im Biomassekraftwerk Bischofferode/Holungen verbrannt wurde, teilweise aus Abholzungen in einem Naturschutzgebiet stammte, obwohl die Betreiber (dieStadtwerke Leipzig) angaben, nur Holz aus der Landschaftspflege, Waldpflege oder Durchforstung zu nutzen. Greenpeace wies dies mit GPS-Trackern, die in Löchern in Bäumen versteckt wurden. Bei importiertem Holz mit langen Lieferketten ist es noch weniger möglich, den Ursprung des Holzes zu überprüfen.

3) Eine steigende Nachfrage nach Holz führt prinzipiell zu einem intensiveren Holzeinschlag. Dies ist EU-weit unter anderem in einer peer-reviewten Studie, welche 2020 veröffentlicht wurde, nachgewiesen worden. In Estland und Finnland haben die hohe Nachfrage nach Holz und die darauf folgende Intensivierung der Forstwirtschaft bereits dazu geführt, dass Wälder von einer CO2-Senke zu einer CO2-Quelle geworden sind. Ob Energieunternehmen ihr Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft beziehen, hat auf diese Entwicklungen keinen Einfluss.

Welche Maßnahmen sind nötig, um negative Auswirkungen der Holzenergie auf Biodiversität und Klima zu verhindern?

Die großflächige Nutzung von Holzenergie sollte prinzipiell nicht als klimafreundlich angesehen und unterstützt werden, weil sie es nicht ist. Beim Verbrennen von Holz fallen pro Megawatt Wärme oder Strom nicht weniger CO2 Emissionen an als beim Verbrennen von Kohle. Nachwachsende Bäume können eine vergleichbare Menge an CO2 nicht in den wenigen Jahren speichern, in denen sich die Erderwärmung möglicherweise noch auf 1,5 oder sogar auf 2 Grad begrenzen ließe.

Aus diesem Grund sollten indirekte und direkte Subventionen auf regenerative Energiequellen begrenzt sein, die tatsächlich CO2 Emissionen stark reduzieren und der Biodiversität nicht schaden. Auch im Wärmebereich muss wesentlich mehr in eine Energiewende weg von Brennstoffen, die CO2 freisetzen, investiert werden (u. a. Sanierung von Gebäuden und Wärmepumpen). Es braucht demnach eine Reform des EEG und der Subventionen im Wärmebereich sowie Maßnahmen, um zu verhindern, dass die CO2 Abgaben für das Verbrennen fossiler Brennstoffe in Kraftwerken zu einem Anreiz für die Holzenergie (auch durch Ko-feuerung mit Kohle) wird.